2015
wann - wahn - wahnsinn
gerhard FASSEL und peter KÖCHER
produzentengalerie KÖCHER temporärer schauraum, bexbach
Eröffnungsrede von Heide Brandl am 22.11.2015
Sehr geehrte Freunde der Kunst und der Künstler!
Das Wort WANN…. mit kleinen und feinen grafischen Ergänzungen ziert die Einladung zu dieser Ausstellung. Wie ein mit Sorgfalt gewählter Ausdruck in einem Satzgefüge, ein bewusst gesetzter Pinselstrich auf einer Leinwand ist das Wort Text und Bild zugeordnet. Optisch - für einen Ausstellungstitel - sehr zurückhaltend platziert, …
WANN … oder … WAHN … und … SINN anstelle der vier Punkte … WAHNSINN
… ein Wortspiel
… eine Frage mit implizierter Antwort
… eine Feststellung
… in jedem Fall hintergründig und vielschichtig, je nach Kontext, Blickwinkel und Betrachter
Diese feine sprachliche und grafische Klinge führt Peter Köcher für seine Produzentengalerie, den Temporären Schauraum, der zugleich als Künstler mit seinem langjährigen Kollegen und Freund Gerhard Fassel der Stadt-bau-stelle diese temporäre Kunst-bau-stelle entgegenstellt.
Während alle Stadtbenutzer das WANN, das Ende des WAHNSINNS der Stadt-bau-stelle mit ihren Umleitungen, Abschrankungen, Staub und Lärm noch herbeisehnen ist die Kunst-bau-stelle bereit für die abschließende Phase, die Übergabe an die zukünftigen Nutzer, an Sie, die Besucher.
Sie sind heute aufgefordert aus ihrer ganz persönlichen Sicht, mit so vielen Blickwinkeln wie nur möglich, dem WANN oder dem WAHN und seinem SINN in den einzelnen Werken und in deren Zusammenspiel nachzuspüren.
WANN? - Zu welchem Zeitpunkt oder in welchem Zeitrahmen, unter welchen besonderen Bedingungen oder Umständen … WANN ist es so weit?
Dann, wenn man sich ausreichend darum bemüht, daran gearbeitet hat. … Ist der Weg ausschlaggebend? (FASSEL „act for“)
WANN, wann, wann
Irgendwann, indem man einfach immer „weiter“ und weiter macht (FASSEL)
WANN ist ein Ziel – endlich – erreicht?
"Morgen", ein schemenhaftes, noch unklares, wenn alles angekreuzt und abgehakt (KÖCHER)
WANN gibt es ein für alle sichtbares, erfahrbares, ein gleiches Ergebnis?
Erst DANN, wenn Gedanken, Vorstellungen und Bilder aus dem Kopf des Künstlers nicht mehr die externe Schnittstelle Kunstwerk benötigen um Eingang in den Kopf des Betrachters zu finden sondern mit Schläuchen direkt angedockt und abgesaugt werden können. … Wenn alles direkt erlebbar wird, ohne Mittler, Filter und Schranken, das gleiche Ergebnis, ohne Variation und Veränderung immer wieder.
Die Erfahrungen eines Kindes … zum ersten Mal Wasser auf der Haut, die Wärme der Sonne …, aber auch grausame Bilder von Vernichtung, Leid und Schmerz abgesaugt aus dem unendlichen Erinnerungspool der Erde … schwarze Schattengestalten, die sich unter all das Schöne, scheinbar Perfekte aber auch Starre mischen … flexibel, beweglich, anpassungsfähig … WAHNSINN
Gerhard Fassel und Peter Köcher sind in ihrem Schaffensprozess dem WAHN in seiner ursprünglichsten Form auf der Spur – der eigenen Wahrheit. Ihren Erwartungen, Hoffnungen, Annahmen, Möglichkeiten und Wahrscheinlichkeiten, ihren Wünschen und Träumen. Sie werden eingefangen, abgewogen, durchgeschüttelt und in Form und Farbe ins Rampenlicht gelockt, geschuppst, gezerrt und in Szene gesetzt.
Jetzt ist es an Ihnen, als Kunst-Betrachter in sich hineinzuhorchen und jenen sanften Hauch ihrer ganz persönlichen Wahrheit zu erhaschen, …
Benutzen sie die Kunst als Katalysator … und geben Sie dem WAHN SINN?
Vielen Dank